DICHTERKREIS JAGDLYRIK

An eines Herbstes Morgen 
Heribert Theis
  

An eines Herbstes Morgen 
Friedlich wars und still 
Der Sonne Strahlen noch fast verborgen 
Hinter des Nebels Schild.   

Der Tau in kleinen Perlen fein 
Hat' das Wiesengras geschmückt 
Freude wars jetzt hier zu sein 
Die Gefühle reich beglückt.   

Morgenfriede – wie ein Traum 
Der ein Lächeln bringt hervor 
Beschenkt im frühen Friedensraum 
Sind Herz und Seele, Aug und Ohr.

Morgen am Waldrand
Ottokar G. E. Wagner 

Es webt die Nacht über den Wäldern.
Die Fluren träumen schweigend vor sich hin. 
Noch schläft die Lerche auf den Feldern. 
Ein jedes ruht nach weisem Sinn.   

Da klingt ein erstes Vogelrufen
noch zaghaft an mein lauschend Ohr. 
Und aus der Stille wächst in Stufen 
herauf ein wundervoller Chor.   

Wie nun der Morgen sich erhoben,
und Sonne tränkt des Tages Schein, 
da dringt, vom Glockenklang umwoben, 
die Stunde ins Gemüt dir ein. 

Begegnung über der Autobahn 
Olivier Theobald
    

Ich verlasse das Dorf und fahre 
nach der Kurve zu der kleinen Brücke, 
die schon einige Jahre 
besteht, jedoch erst neuerdings    

saniert wird, wegen der Tücke 
der Zeit. Auf einmal trabt ein Rotfuchs zwei- 
drei Meter neben mir.
Ich fahre, so langsam ich kann    

und bremse, um zu sehen, 
was geschieht. 
Wir bleiben stehen. 
Er äugt nach rechts und nach links,    

lässt zwei Scheinwerfer vorbei 
eilen, die Straße überquert er dann
und flüchtet durchs nächste Waldgebiet 
in sein Revier –  

Es wird Herbst  
Peter Wilz  

Der Herbst schleicht sachte in die Wälder, 
die Nächte werden spürbar kälter. 
Der Sommer zieht langsam nach Süden, 
hinter dem Brenner darf er noch brüten. 
Bei uns färben sich die Blätter, 
damit ändert sich das Wetter.
Stürme bringen ersehnten Regen. 
Einsam wird es auf den Wegen. 
Doch das stört keinen Jägersmann: 
Ich ziehe mich einfach zwiebelschalig an! 
Motorsägen kreischen im Akkord, 
da mache ich mich zügig fort. 
Nun suche ich eine stille Leiter, 
dort lau're ich still, wartend, heiter. 
Und zaubert die Sonne dann helle Flecken, 
kann ich bald einige Rehe entdecken. 
Genau studiere ich den Fall: … 
Dann durchbricht ein heller Knall 
die sanfte Ruhe und die Stille. 
Das ist der forstlichen Planung Wille: 
Dort wo im Tann Rehe vorkommen, 
wird auch mal eines „sanft entnommen“.  

Traum
Bruno Maurer
 

Ein Puma jagt im Felsgestein, 
rutscht aus, in diesem Augenblick,
als die Pupillen winzig klein, 
stürzt er, in seinem Ungeschick, 
fällt tief in eine Schlucht hinein.   

Das Schneegestöber peitscht verhohlen,
durch das Gestrüpp der Heidelbeeren, 
mit trübem Blick sieht er die Dohlen, 
die fliegend, krächzend ihn belehren, 
das träumend ihn der Tod wird holen.   

Zwei Seen, in endlos weiter Ferne, 
Schneeröschen inmitten stehen, 
sie glitzern hell wie tausend Sterne, 
was er bis jetzt noch nie gesehen, 
im letzten Atemzug sah er es gerne.  

Meine Berge
Hans H. Milles    

Komm, ich zeig dir einen Ort,
So friedlich still gelegen, 
Dort, wo der Fels zum Himmel schaut, 
Fernab von allen Wegen.    

Heroben sollst du niederknien 
In später Sommernacht, 
Hier siehst du tausend Sterne blühn, 
Begreifst des Schöpfers Macht.   

Halt inne, sei nur andachtsvoll 
Und lausch der Berge Lied, 
Niemals wirst du je ergründen,
Was nun mit dir geschieht.    

Übermächtig, wundersam 
Wie eine Kraft dich hält,
Und wenn du tiefe Ehrfurcht fühlst,
Dann ist’s auch  d e i n e  Welt.

Artenschwund
Christian Knopf 
 

Wenn ein Bartgeier nicht sendet, 
besteht Verdacht, er sei verendet, 
doch kam heraus, dass die Solar- 
stromzelle schwach beschienen war. 

Um den Kontakt nicht zu verlieren, 
hilft meiner Meinung nach „rasieren“. 
Nur wär‘ der Geier ohne Bart 
und das das Ende dieser Art.

Was kann der Dreck dafür
Stefan Renner  

Wehr dich, Dreck! 
Warum hat dich der Geck 
im Waldversteck 
entsorgt?   

Erlitt sein Gehirn eine Schur? 
Ist's Dummheit pur?
Auch ihm ist Natur
geborgt!

Ohne Beute
Marcel Notter
 

Ein Ansitz ganz ohne Gewehr 
Nur Fernglas, Wein und Verzehr 
Ohne Absicht auf Beute und Wild 
Nur mit friedlichen Sinnen und mild.   

Der Bock zieht von dannen im Feld 
Der Fuchs schnürt stolz wie ein Held 
Herr Grimbart verlässt eilig sein Heim 
Der Jäger gönnt sich einen Schluck Wein.   

Er weiss um die Ordnung der Welt 
Dass Beute alleine nichts zählt 
Nicht vergebens er war auf der Hut 
Der Anblick ist Belohnung genug.

Pech in der Jagd
Stefan Schulze Beiering
    

Die Jagd ist heut verflixt:
Der erste Hahn war mir zu schwer,
beim zweiten warn die Läufe leer.    

Der dritte hat mich ausgetrickst
und sich mit Schuss davongemixt.
Zum Schluss kam noch der Spott.    

Nun bitt ich, lieber Gott: 
Schick nicht noch einen Hahn vorbei, 
auch nicht, was eine Schnepfe sei. 
Ich schieße heute Schrott.  

Der Grünfink
Alfred Bruske  
 

In unseren Gärten, ob in der Stadt 
oder auf dem Land, 
ist der Grünfink zuhause 
und dem Gärtner bekannt.   

Wie junges Grün der Wiesen sein Gewand, 
mit zitronengelben Streifen am Flügelrand, 
mit seinem fröhlichen Klingeln im Chor, 
so stellt sich der Grünling im Frühling vor.   

Wenn du ihn fütterst, wird er bei dir bleiben, 
lässt sich selbst von der Spatzenschar nicht vertreiben. 
Zum Zeichen, dass er dir traut, 
hat er sein schönes Nest in deiner Hecke gebaut.

Herbstabend im Moor 
Hubert Schupp   

Dunkle Bänder zwischen stillen Wassern, 
so liegt das Moor im letzten Abendlicht.   

Nur hie und da ein Wellenspiel, 
getupft im Ufersaum.   

Wie knochige Finger recken 
Verlor'ne Bäume sich empor, 
Geäst wie dünnes Netz am Himmel schwebt.   

Es wallen sanfte Nebel wie von Zauberhand, 
nur Schemen noch sind Risch und Rohr.   

Verträumte Ruhe, wenn im Hauch der Dämmerung 
die Schnepfe gaukelt wie zum Abschiedsgruße.   

Welch Labsal für die Seele – 
dies einsam Wunderland!

Das Jagdhorn
Walter Heil


Wipfelwärts ertönt sein Schall,
schwingt sich dort von Baum zu Baum, 
findet seinen Widerhall
beim Jagdbeginn im Büchsenknall.

Sommer 
André Knipp   

Noch liegt die Geiß mit ihren Kitzen
in Waldesglöckchens Blütenpracht.
Als weiß gefegte Enden blitzen,
am Jungwuchs plätzend Rinde ritzen
und Erde, Moos und Steine spritzen
zum Auftakt jener Liebesnacht.  

Hahnenbalz in den Nockbergen
Cäcilia Höferer   

Noch eh der Amsel heller Schlag 
Der Welt verheißt den neuen Tag 
Klingt leis – wie silberhelle Glocken
Der Urhenn sehnsuchtsvolles Locken. 
Und wie von Zauberhand berührt 
Kaum dass man einen Lufthauch spürt 
Baumt da der Hahn im Mondeslicht. 
Aus seiner Brust tönt ein Gedicht. 
Uralt und schön,  kaum zu begreifen – 
Knappen – Triller – Hauptschlag – Schleifen …   

Das Lied der Väter stimmt er an
Wie es die Ahnen einst getan. 
Zu werben um der Liebsten Minne 
Verheißungsvoll – der Tanz beginne. 
Er gibt dem Jäger preis sein Herz.
Ein Büchsenknall und himmelwärts 
Entflieh'n des Urhahn  heiße Sinne 
Und mit dem Hall verweht die Stimme 
Die tausend Jahre und noch mehr 
Dem großen Hahn  gereicht zur Ehr. 

Sein Sohn wird nach der Hennen Liebe greifen 
Mit Knappen – Triller – Hauptschlag – Schleifen. 
Doch viele Sommer werden geh'n 
Eh ehrfurchtsvoll und stolz und schön
Ein alter Hahn wie dieser Recke 
Auf Moos gebettet liegt als Strecke
Vor einem G'sell im Jägerkleid.
Wie's ist und war – von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Warnung
Hermann Knoblich

Seit vielen Jahren hat sich hier
zu Biber, Hase, Reh 
und manch anderem Getier,
in diese unsere schöne Welt 
ein neues Säugetier gesellt.    

Vom heimischen Wild wird es gemieden,
der alte Brehm hat's nicht beschrieben
und doch – das ist kein Jagdlatein – 
hurra es lebt das Seenschwein.    

Es kommt bepackt mit Picknicktaschen 
um sich's am See bequem zu machen. 
Packt's Essen aus, aus tausend Hüllen 
um sich danach den Bauch zu füllen
und fängt ab hier schon an zu müllen.  

Zieht es dann weiter, vollgefressen, 
sieht man genau wo es gesessen. 
Plastiktüten, Dosen, Flaschen 
hat es einfach liegen lassen. 
Und lieber Freund – du siehst es hier – 
so wie es aast, so aast kein Tier!